„Tradition und Moderne. Zwei Campus der Warschauer Medizinischen Universität“

Das Medizinhistorische Museum der Warschauer Medizinischen Universität lädt alle Interessierte zur Ausstellung „Tradition und Moderne. Zwei Campus der Warschauer Medizinischen Universität“ ein. Die Ausstellung findet am 6. Dezember 2019 im Verbindungsgang zwischen den Gebäuden der Universitätsleitung und des Bibliothek- und Informationszentrums in der Straße Żwirki i Wigury 63 statt.

Jeden Tag durchqueren wir den Lindleys oder Banachs Campus, wenn wir zum Unterricht oder zu Patienten eilen. In der Eile bemerken wir nicht, wie ausdrucksvoll die dort präsente architektonische Umgebung ist. Deren Feinheiten verbergen häufig ein großes Stück Geschichte und deuten auf die medizinhistorische Tradition auf den beiden Campus hin. Es lohnt sich für einen Moment innezuhalten, um diese Umgebung wahrzunehmen.

Denn wer bemerkt noch einen geheimnisvollen Obelisken auf dem historischen Gelände des Jesuskind-Krankenhauses an der Straßenecke von ul. Nowogrodzka und ul. Lindleya? Das zwei Meter große Denkmal soll der Patienten gedenken, die auf dem ehemaligen Krankenhausfriedhof am Warecki-Platz beigesetzt wurden. Wer nimmt noch den Kopf eines feurigen Engels wahr, der einst Teil einer in den 1920er Jahren abgebauten orthodoxen Kapelle war und an der Wand eines Hauses abgebildet ist, das einem ehemaligen orthodoxen Krankenhausseelsorger gehörte? Oder wer erkennt noch das Tympanon am Gebäude der Klinik für Dermatologie in der Straße Koszykowa, das an die Anfänge der Medizinischen Fakultät in Warschau erinnert?

Ebenso unbemerkbar für Passanten scheinen architektonische Besonderheiten des Banachs Campus zu bleiben: die bunten Mosaiken an den Wänden des Heizkellers und des so genannten „Tiergebäudes“ (Institut für Physiologie) oder in den Innenräumen des Instituts für Pharmazie. Mehr Beachtung finden dagegen moderne, geometrisch gestaltete Fassaden des Józef-Polikarp-Brudziński-Kinderkrankenhauses oder die aus verschiedenen Materialien gebauten und mit Solaranlagen ausgestatteten Wände des Sport- und Rehabilitationszentrums. Um ihre Schönheit bewundern zu können, muss man allerdings für einen Moment innehalten und sich dem flüchtigen, stets wechselnden Lichtspiel hingeben.

Aus der Luftperspektive sehen beide Campus nicht weniger interessant aus. Der historische Gebäudekomplex des Jesuskind-Krankenhauses, der sich auf dem Lindleys Campus befindet, bildet gemeinsam mit den Wolkenkratzern des „Warschauer Manhattans“ im Hintergrund eine Kombination aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Der Campus stellt dabei eine außergewöhnliche stilistische Vielfalt dar, die durch die Zerstörung im Zweiten Weltkrieg bestimmt wurde. Ein Beispiel dafür ist die monumentale Form des Gruca-Palastes, der über die Dächer der 100 Jahre alten Krankenhausziegelgebäude ragt. Seit den 1950er Jahren gilt er zudem als Wahrzeichen des Starynkiewicz-Platzes.

Wie anders im Vergleich dazu sieht der im Stadtviertel Ochota gelegene Banachs Campus aus. Auf den ersten Blick mag er uninteressant erscheinen, bei einer näheren Betrachtung lassen sich aber viele interessante architektonische Besonderheiten und der ursprüngliche Wert des Campus neu entdecken. Das mächtige Gebäude des Józef-Polikarp-Brudziński-Kinderkrankenhauses bildet einen interessanten Kontrast zu dem benachbarten, viel älteren Gebäude des Zentralen Universitätskrankenhauses. Die grün bewachsenen Fassaden der Universitätsgebäude ergänzen sich perfekt mit der naturbetonten Umgebung der Straße Żwirki i Wigury und mit der Parkanlage Pole Mokotowskie, die oft als „Warschaus grüne Lunge“ bezeichnet wird.

Unsere Aufgabe und die Aufgabe künftiger Generationen von Akademikern bestehen darin, diese besonderen Orte nicht nur vor dem Vergessen zu bewahren, sondern auch sie unter Einwohnern der Stadt und Besuchern bekannt zu machen. Jedes Jahr bringt Veränderungen, einige von diesen Orten, die von Fotografen heute festgehalten werden, werden morgen ganz anders aussehen…

 

Adam Tyszkiewicz, Miron Bogacki